Antje Feger /
Benjamin F. Stumpf

Beyond the Blank, Frappant, Hamburg, 2011, installation, mixed media
Beyond the Blank, Frappant, Hamburg, 2011
Beyond the Blank, Frappant, Hamburg, 2011
Beyond the Blank, Frappant, Hamburg, 2011
Beyond the Blank, Frappant, Hamburg, 2011

Beyond the Blank

Frappant, Hamburg, 2011, installation, mixed media, cartboard, timber, fog machine, Arie spots, radio, transmitter, MP3 player, sound, 9:32 min.

[...]
Bereits im ersten Teil der Installation macht der Titel Beyond the Blank seine Programmatik transparent: „Hinter der Leere“ steht kein Nichts oder „Nicht-Wissen-Was“, sondern Ton als Klangraum. Der eigene Standpunkt, nämlich das Stehen davor, erscheint im ersten Moment klar zu sein, das „wovor“ aber bleibt ungeklärt. Dass somit klassische Raumvorstellungen aufgebrochen werden, einer bloßen Anschauungsform, eines „Containerraums“ (Lefebvre 2006), der schlicht da ist oder immer schon vorhanden war als quasi vorsoziale Gegebenheit, ist mehr als deutlich.

Was aber lässt sich über das Potenzial des Konstruktionscharakters jener Räume sagen? Was machen wir als Betrachter damit?

Feststellen ließe sich zunächst einmal die Tatsache, dass wir mit der eigenen Raumblindheit konfrontiert werden, der Insensibilität oder dem nahezuen Unvermögen, Raum als etwas Gedachtes und Gemachtes zu erkennen und wahrzunehmen. Durch die vorliegende künstlerische Manipulation wird uns ermöglicht, jenes Denkmodell umzukehren, Raum nicht als absolute, naturgegebene Größe zu verstehen: Gerade das Aneignen, Zuordnen und Einnehmen von Plätzen, oder dieses eben nicht zu können, sind die entscheidenden Praktiken, die Räume hervorbringen bzw. ihre Wirkung erst entstehen lassen. Generiert durch unseren relationalen Bezug zu ihnen, unterliegen sie dementsprechend Codes, die nicht artifiziell, sondern im eigentlichsten Sinne menschgemacht sind. In diesem Moment, und hierin scheint ein zentraler Aspekt des Installationskonzeptes zu liegen, ist Raum dann sogar nicht nur Leere (Blank) sondern maßgeblich auch Leerstelle, die es zu füllen gilt, die ständig und auf immer neue Weise besetzt wird und folglich als durchaus progressives, dynamisches System verstanden werden sollte.

[…]

Betritt man über den Flur, das sich unmittelbar an das vorige anschließende, zweite Zimmer, sieht man zunächst eine Ansammlung von horizontal gegen die Zimmerwand und angehäuften Kartonplatten lehnende Holzstreben, die eine auf ein kleines Podest gebaute Pappkonstruktion stützen. Hierbei handelt es sich um einen sich fast durch die gesamte Raumbreite verjüngenden, korridorartigen Aufbau. Tritt man vor dessen Frontseite und schaut in der Hocke sitzend durch den ca. 50 X 80 cm großen, fensterförmigen Ausschnitt, blickt man durch einen Tunnel in eben jene Öffnung, auf deren anderer Seite man wenige Minuten zuvor noch selbst stand : der Türöffnung aus dem ersten Teil der Installation. […]

Essentiell ist hier der Situationswechsel und somit auch die andere Position, die der Betrachter in Bezug auf die Installation einnimmt; der nichteinsehbare Apparat geht nun in den Überwachungsapparat über. [...]
Auch wenn dieses letztendlich politisch lesbare Spiel zwischen beobachtendem Machtgestus und diesem unwissend ausgeliefert zu sein, bereits eine starke Rezeptionserfahrung und damit auch implizite Aussage der Installation selbst bedeutet, wäre es doch zu kurz gegriffen, dies als die ausschließliche Lösung des künstlerischen Rätsels zu begreifen. […] Hier geht es eben nicht mehr nur um die Leere oder Leerstelle, the blank, die jeder Form von Raum innewohnt, die Raum letztendlich ist, sondern deren tatsächliche Besetzung. Besetzt wird diese Stelle aber durch eine subjektive Größe. Es sind wir selbst, die Beyond the Blank warten und zu finden sind.

[…]

Eine Struktur also, die in sich eine Vielzahl von Elementen und Relationen bereithält, die durch deren Gleichzeitigkeit aber und Überschneidungen keine konstante Größe bildet, auch als rhizomartig beschreibbar ist. Im Moment der Interaktion, Interpretation und des Austauschs lässt sich Raum also nicht nur als komplexes, vielschichtiges System, sondern auch als Variable sozialer Prozesse verstehen. Ob man diese nun in einen konkret politischen, philosophischen, urbanen oder naturgesetzlichen Kontext stellt, bleibt der Interpretation eines jeden Rezipienten selbst überlassen.

Auszüge aus einem Text von Sabrina Mandanici